Time of Your Life war das erste ClassicWho-Buch, das ich gelesen habe (Edit: nein, stimmt doch nicht; ich habe vorher schon die lost episode
Mission to Magnus gelesen) und ich fand des toll. Für mich hatte es nur einen entscheidenden Fehler: Der Doctor taucht nur in ungefähr einem Fünftel der Handlung selbst auf. Was extrem schade ist, denn er ist dann geradezu brillant getroffen. Wirklich eine wahre Freude. Normalerweise bin ich von ellenlangen Kapiteln ohne die bekannten Figuren nicht besonders begeistert, aber meiner Meinung nach überzeugen hier sowohl Schreibstil als auch Zeichnung der zahlreichen Figuren, so dass auch beim Lesen dieser Abschnitte kaum eine Länge aufkommt. Ja, erstaunlicher Weise fällt es trotz der erwähnten zahlreichen Figuren sogar leicht, den Überblick zu behalten (will bei mir etwas heißen; ich vergesse gerne mal, wer wer war ^^).
Die Geschichte selbst zeigt eine Menge Ähnlichkeiten mit der NewWho-Episode
Bad Wolf, die ja auf Satellite 5 spielt, auf dem nicht ganz so harmlose Fernsehprogramme gedreht werden. Auch hier werden, wenn auch weit komplexer, der Einfluss des Fernsehens unter die Lupe genommen und ganz ähnliche mörderische Sendungen betrachtet – allerdings gibt es hier keine Daleks, die eine Teilnahme erzwingen. Wir sehen hier eher in die Abgründe der menschlichen Seele. Die verdrehte, ja manchmal abartige Moral der Menschen dort ist zum einen abstoßend, aber zum anderen auf eine geradezu erschreckende Weise realistisch gezeichnet. Zusammen mit der für eine Who-Story üblichen auftauchenden Gefahr, mündet das Ganze in einen Strudel von Gewalt und Tod.
Und auch hier muss ich wieder sagen: Eigentlich bin ich kein Fan blutiger Geschichten. Spannung kann man auch anders erzeugen, aber im Zusammenhang mit dieser Geschichte, ich will nicht sagen stört es nicht, aber es trägt ungemein zum Realismus bei. Ganz besonders da man, im Gegensatz zu so wirklich fast allen anderen Erzählungen, nicht im Geringsten einschätzen kann, wer am Leben bleiben und wer sterben wird. Die sich anbahnende Liebesaffäre endet nicht im Happy End, dieser oder jener sorgsam über die ganze Geschichte aufgebaute Charakter wird die Station nicht lebend verlassen, einzig beim Doctor kann man sich sicher sein (obwohl auch der es nicht einfach hat
). Dazu kommt, dass sich die anfangs so klar definierte Grenze von "gut" und "böse", d.h. die Zuordnung der Charaktere zu abartig (das kann man teilweise echt nur so sagen) und für unsere Begriff normal im Laufe der Handlung verschiebt. Die Personen entwickeln im Angesicht der Gefahr ein ganz neues Potential, Prioritäten verschieben sich und so mag der eine oder andere, bei dem sich einem Anfangs der Magen umdrehte, am Ende zu den glücklichen Überlebenden gehören und man mag es ihm nicht mal missgönnen. Auch das fand ich Klasse. Ob man dann mit dem im Vergleich zum Rest der Geschichte irgendwie doch etwas rosaroten Schluss zufrieden ist, sei mal dahingestellt. In gewisser Weise war das absehbar und es rundet die ganze Erzählung ab. Man sollte auch nicht vergessen zu erwähnen, dass es neben der Spannung auch den einen oder anderen amüsanten Moment gibt (glaube ich jedenfalls; ist schon ein Weilchen her).
Was mir darüber hinaus als Nichtkenner der genauen Umstände des Absetzens dieses Doctors aus dem realen TV natürlich nicht so auffällt, sind die – laut Rezensionen – zahlreich vorhandenen, teilweise bitterbösen Anspielungen auf ebenjene. Ich kann mir schon vorstellen, dass die, v.a. da sie teilweise offenbar doch recht überzeichnet dargestellt sind, beim Lesen stören können, aber ich fand, das ganze hielt sich doch in einem realistisch nachvollziehbaren Rahmen. Nicht zuletzt sicher auch deshalb, weil es sich ja auf reale Begebenheiten bezieht. Vielleicht mag das Buch unter diesem Blickpunkt sogar besonders interessant sein. AUf jeden Fall eröffnet es damit auch einen Einblick in diese unschöne Episode der Who-Geschichte.
Was – vielleicht auch im Zusammenhang damit – auffällt, ist die etwas merkwürdige Anfangssituation. Das Buch spielt direkt nach
Trial of a Time Lord, aber Mel ist plötzlich weg und der Doctor brütet, sauer auf die Timelords, einsam vor sich hin. Etwas seltsam, als wusste der Autor nicht genau, wie er nach dem Trial weitermachen sollte. Zum Glück ist das für die Story kaum von Belang (mal abgesehen von Mels Abwesenheit, für die leider auch weiter keine Erklärung geliefert wird).
Aber wie dem auch sei, obwohl die Story vielleicht nicht überragend innovativ ist (obwohl ich sie schon ungewöhnlich genug fand), überzeugte sie (mich) durch die beeindruckende Darstellung und die teilweise wirklich atemlose Spannung. Ich würde dem Buch das Prädikat empfehlenswert verleihen. Mir hat es auf jeden Fall sehr gefallen
.