AAAAAAAAAAaaaaaaaaaaaalso:
Kurzinhalt:Das Stück spielt Mitte des 17. Jh. am Ende des englisches Bürgerkrieges. Wer den historischen Hintergrund in Kurzform haben will, dem sei
dieses lustige Video der Horrible Histories Serie nahe gelegt. :). Der unbeliebte König Charles I (Gatiss) wurde von den Aufständischen gefangen genommen und wie es sich für eine Person seines Standes gehört unter Hausarrest gestellt. Die siegreiche Fraktion ist sich aber uneins und zermürbt sich nun gegenseitig, was aus dem König und dem Land werden soll:
Die unbezahlte Armee marschiert auf London, weil sie auf das dortige Bürgertum Druck ausüben will, weil dieses sich auf einen Deal mit Charles einlässt. Die Führer der Truppe, u.a. auch Oliver Cromwell selbst, wagen derweil etwas Unerhörtes auszusprechen: Was wäre, wenn das neue Land gar keinen König mehr braucht? Wenn es eine Republik würde wie Griechenland oder Rom?
Das Ende des Stücks hat die Geschichte selbst geschrieben: Charles I wurde enthauptet und England darauf Republik. Allerdings nur für 11 Jahre - dann holte man sich die Monarchie mit leidenschaftlichem Eifer zurück.
Etwas historische Hintergrundkenntnis sollte man besitzen, um das Stück zu verstehen. Das Programmheft klärt über die einzelnen Fraktionen ganz gut auf. Allerdings ist man als Durchschnittsdeutscher aufgeschmissen, wenn man zwar mal dunkel etwas von Oliver Cromwell gehört hat, aber alles andere böhmische Dörfer sind.
Gedanken zum Stück:Ich fand es außerordentlich gelungen. Allein schon die "intime" Atmosphäre von ca. 200 Plätzen mit der Bühne flach mittig (musste sogar drübersteigen, um an meinem Platz zu kommen). Die Kostüme waren teilweise historisch, teilweise zeitgenössisch. Sie spiegelten quasi die politische Einstellung der jeweiligen Person wieder. Cromwell und seine Truppen hatten zeitgenössische para-militärische Uniformen, z.T. Baretts, die Bürgerrepräsentanten und Abgeordneten Anzüge aus den 1940er/1950er Jahren bis heute.
Allein Gatiss als Charles I trug historisch authentische Klamotte in Form von Rüschenhemd und Kniehosen mit Strümpfen - allerdings farblich very understated dunkel. Dadurch wirkte Charles nicht pfaunartig, sondern einfach nur wie das Relikt der alten Ära, als das er dargestellt wurde. Auch Gatiss Stil war bewusst affektiert und gestenbetont. Cromwell und Konsorten waren vollkommen modern - grade der Darsteller des Lord Protector selbst hatte nichts Übernatürliches, sondern blieb ein in Zweifeln verhafteter Mensch unter Menschen.
Die Dialoge waren äußerst dicht und lassen sich nicht wirklich wiedergeben, kommen jedoch zu einer Grundfrage:
Wer gibt einem König das Recht zu herrschen? Laut Charles ist es Gott, da er von diesem mit geweihtem Öl zu dessen Vertreter gesalbt wurde. Laut Cromwell ist es das Volk, das sich seine(n) Vertreter wählt - egal ob in Gestalt eines Regenten oder des Parlaments. Oder wie es im Stück hieß: "You actually believe you're annointed to rule because someone put some sticky stuff on your head?!" <-- (Beinahe)Zitat imho beste Dialogzeile des Stücks!
P.S.: Mark Gatiss hat
Streichholzbeine und kann froh sein, dass er in einer Ära mit knöchellangen Beinkleidern lebt. Strumpfhosen stehen ihm definitiv nicht. Aber die langen Haare haben was - zieht das Gesicht in die Länge und macht die Nase noch spitzer.
Wie immer hat Fotograf Geraint Lewis ausgezeichnete Bilder vom Stück.